Das DRK fordert deshalb Nachbesserungen am Entwurf. Notwendig ist eine allgemeine Freistellung mit Lohnersatz für alle Helfenden bei allen Einsätzen sowie für Aus- und Fortbildungen, analog zu den Rechten von Feuerwehr und THW.
Das Innenministerium verweist darauf, dass die Gleichstellung im neuen Gesetz geregelt sei. Tatsächlich gilt diese jedoch nur im Katastrophenfall oder wenn eine Außergewöhnliche Einsatzlage (AEL) ausgerufen wird. Beides bleibt die Ausnahme. Zudem sind die Kriterien für eine AEL nicht klar definiert und werden in den Landkreisen unterschiedlich gehandhabt. Das sorgt für einen Flickenteppich und für fehlende Klarheit bei Helfenden und deren Arbeitgebern.
Keine Lösung bietet das neue Gesetz für die vielen Einsätze, zu denen die Helfenden in der Regel hinzugezogen werden: größere Unfälle, Brände, Evakuierungen oder Suchaktionen. Hierfür gibt es weder Freistellungs- noch Entschädigungsregeln. Die Helfenden sind somit auf die Kulanz ihrer Arbeitgeber angewiesen. Ähnliches gilt für Aus- und Fortbildungen. Viele Ehrenamtliche nehmen dafür Urlaub oder bauen Überstunden ab. Das erschwert die Verfügbarkeit, Ausbildung, Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen.
Das DRK sieht das Land in der Pflicht, die Gerechtigkeitslücke zu schließen – und damit den Katastrophenschutz dauerhaft zu stärken. Sechs Bundesländer haben dafür bereits gesetzliche Regelungen umgesetzt.
Wie wichtig dieser Schritt ist, hat auch die vom Land Baden-Württemberg eingesetzte Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ im Juli 2024 festgestellt: „Erst das herausragende bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement ermöglicht die professionelle und rasche Reaktion auf Krisenereignisse. […] Eine vollständige Helfergleichstellung der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer im Bevölkerungsschutz ist ein bedeutender Schritt für die Unterstützung und Anerkennung des Ehrenamts.“[1]
Mit einer Aktion auf dem Stuttgarter Schlossplatz haben am 25. September rund 150 Ehrenamtliche stellvertretend für 41.000 Einsatzkräfte des Roten Kreuzes ihre Forderung betont: Wir wollen uns nicht mehr als Helfende zweiter Klasse fühlen – gleiche Rechte im selben Einsatz.
Hintergrund:
Baden-Württemberg setzt beim Katastrophenschutz fast ausschließlich auf das Ehrenamt. Mit 6.000 Helferinnen und Helfern stellt das DRK rund 95 Prozent der behördlich eingeplanten Einheiten. Weitere 35.000 Ehrenamtliche engagieren sich in den Bereitschaften – sie werden bei größeren Lagen hinzugezogen, erhöhen die Durchhaltefähigkeit und schließen Lücken.
[1] Abschlussbericht der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“, S. 17
https://www.landtag-bw.de/resource/blob/266770/2b717c491890cd8c4279f617d24d806f/17_7000_D.pdf