Zum ersten Mal in Baden-Württemberg haben muslimische Mitbürger eine Ausbildung zum Kriseninterventionshelfer erfolgreich abgeschlossen. Dreizehn Absolventen erhielten am 2. Juni 2017 in Ludwigsburg ihr Zertifikat. Die Absolventen haben die volle „Fachausbildung Krisenintervention“ durchlaufen, sind also vollwertig ausgebildete Kräfte. Die Ausbildung ist als ein Pilotprojekt Teil der DRK-Strategie „interkulturelle Öffnung“.
Bei der Zertifikatsübergabe dankte der Präsident des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg, Dr. Lorenz Menz den Absolventen für ihre Bereitschaft, Menschen in besonders belastenden Situationen zur Seite zu stehen. Er bezeichnete das gemeinsam mit den Kirchen im Landkreis Ludwigsburg durchgeführte Pilotprojekt als „Meilenstein“ und als eine große Chance, das gemeinsame Miteinander zu fördern und Empathie zu schaffen. „Wir möchten die Erfahrungen aus diesem Pilotprojekt nutzen und sie in die allgemeine Ausbildung der Psychosozialen Notfallversorgung integrieren.“ Dem Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg dankte er für dessen Projektförderung, dem Leiter der Notfallseelsorge im Landkreis Ludwigsburg, Pfarrer Gratz galt sein Dank für dessen Unterstützung des gesamten Projekts.
Die Absolventen, die zumeist im Landkreis Ludwigsburg leben, werden in die reguläre Einsatzplanung integriert – sind also nicht ausschließlich für Betroffene muslimischen Glaubens da. Die Ausbildung steht Personen aus allen Kulturkreisen und Glaubensrichtungen offen
Von den dreizehn Absolventen kommt eine Teilnehmerin aus Göppingen, einer aus Stuttgart, alle anderen leben im Landkreis Ludwigsburg.
Die Übergabe der Zertifikate erfolgte durch Ministerialdirektor Prof. Dr. Wolf Hammann. Weitere Grußworte sprachen Pfarrer Ulrich Gratz, Leiter der Notfallseelsorge im Landkreis Ludwigsburg, Heiner Pfrommer, Dezernent für Arbeit, Jugend und Soziales im Landratsamt Ludwigsburg, Prälatin Gabriele Arnold von der evangelischen Landeskirche Württemberg und Muhittin Soylu, Vorstandsvorsitzender der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGBW).
Psychosoziale Notfallversorgung im Deutschen Roten Kreuz:
Auslösender Moment für den Aufbau einer strukturierten psychosozialen Betreuung von Einsatzkräften und betroffenen Angehörigen war die Katastrophe bei der US-Flugschau in Ramstein im August 1988 mit 70 Toten und über 1000 Verletzten. Zuvor war in Deutschland eine Betreuungs-Struktur für betroffene Menschen nicht existent. In Folge der Berichterstattung über die psychischen Folgen der Ramstein-Katastrophe wurde jedoch der Handlungsbedarf offensichtlich und das Deutsche Rote Kreuz entwickelte erste Ausbildungspläne zur Betreuung von Einsatzkräften und zur Individualbetreuung von unverletzt Betroffenen. Von Beginn an immer in Kontakt zur Kirche und deren Seelsorgern. Mittlerweile gewährleistet das Deutsche Rote Kreuz nahezu überall im Lande eine psychosoziale Betreuung mit einer soliden Ausbildung der Einsatzkräfte nach einem einheitlichen Konzept. Ende 2016 waren im DRK-Landesverband Baden-Württemberg rund 400 ausgebildete PSNV-Kräfte des DRK tätig und bereuten im vergangenen Jahr rund 1.700-mal betroffene Personen.